Paul Barone, Der Theaterbaukasten

Paul Barone,  Der Theaterbaukasten

Ein Leitfaden für die theaterpädagogische Praxis;  Weinheim/Beltz, 2020

Im Beltz-Verlag erschien im Frühjahr neu „Der Theaterbaukasten“ von unserem LVTS-Mitglied Paul Barone. Beltz ist auch der „Heimatverlag“ von Maike Plath aus Berlin, die dort inzwischen ein ganzes Sortiment von Kartensets veröffentlicht hat, das „theatrale Mischpult“ ist geradezu zu einem Standard in der Theaterpädagogik geworden. Plaths Grundidee ist das partizipative Arbeiten mit Jugendlichen, die in ihrer Form der Theaterarbeit  sich auch gesellschaftlich emanzipieren können.

Auch Paul Barones Theaterbaukasten ordnet sich ein in einen „Baukasten Demokratie“, einem Projekt  der Jungen Theaterakademie Offenburg (www.baukasten-demokratie.de). Paul Barone leitet dieses Projekt  und ist Co-Leiter der Akademie. Hauptberuflich ist er Lehrer an einem Offenburger Gymnasium, leitet dort schulische und schulartübergreifende Theaterprojekte sowie die Literatur-und-Theater-Kurse. Als Theatermultiplikator am RP Freiburg gibt er auch Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer.

Ein absoluter Praktiker also mit sehr viel Erfahrung, was seinem sehr klar durchdachten Theaterbaukasten deutlich anzumerken ist. In seiner Zielorientiertheit und seiner stringenten Methodik unterscheidet er sich von der eher offenen Arbeitsweise mit den Plathschen Karten, ohne jedoch schulmeisterlich zu werden. In einem ausführlichen Begleitheft formuliert er es so: Im Gegensatz zum Genie, dem künstlerische Fähigkeiten angeboren sind, ist hier der Ansatz, „dass kreatives Schaffen ein erlernbares Können ist, das auf  ästhetischem Wissen und auf einübbaren Methoden und Praktiken aufbaut“ (Begleitheft, S. 10). Dieser Ansatz soll mit dem Theaterbaukasten einzulösen sein. Gerade, dass dann doch im Zentrum die theatralen Fähigkeiten stehen, die erlernt werden sollen, gefällt mir sehr gut. Es wird darauf vertraut, dass theatrale Kompetenz und damit kulturelle Kompetenz weitergehende gesellschaftliche, demokratische Kompetenzen per se mit sich bringen.

Es gibt drei Basiskarten, die farblich unterschieden neun Arbeitsbereiche aufzeigen. Auf der ersten Karte („Der Theaterbaukasten 1“) sind dies Raum, Zeit, Körper, Figur und Beziehung, auf der zweiten („Der Theaterbaukasten 2“) sind es Komposition, Text, Stimme und Theaterdesign. Die dritte Karte („Der kleine Theaterbaukasten“) bietet sozusagen eine Kurzfassung, die sich für kleinere Projekte eignen soll, z. B. auch für den Einsatz im Deutsch- oder Fremdsprachenunterricht.  Die einzelnen Begriffe verweisen jeweils auf vier farblich gleiche Karten, mit denen eine Spielgruppe konkret arbeiten kann. Ich greife den Begriff Körper heraus, finde dazu Karten zu Form, Geste, Ausdruck und Neutral. Die Karte Geste hat, wie alle anderen Karten, auf der Vorderseite graphisch gestaltet einen Gedankenimpuls, bei Geste wird unterschieden in „Alltagsgeste“ und „Expressive Geste“, die von einem Gefühl und/oder einer Idee bestimmt  ist. Auf der Rückseite wird das dann in einem sprachlich schülergemäß formulierten Text ausgeführt. Daneben finden sich konkrete Übungsanweisungen, die einem üblichen Theatertraining entsprechen, aber mit diesen Anweisungen von einer Gruppe selbstständig ausgeführt werden. Jeweils wird auch auf andere Karten verwiesen, so dass in der Kombination sich weitergehende Übungen ergeben. Die Spielleitung kann sich dabei zurücknehmen.

Der systematische Aufbau ist im Begleitheft sehr gut erklärt und führt von den Theaterbasics tatsächlich bis hin zu Inszenierungsbausteinen. Dazu werden dann reich bebildert Beispiele aus Theaterprojekten gegeben. So kann ich mir gut vorstellen, dass man ein ganzes Theaterprojekt mit der Hilfe der Karten entwickeln kann. Für Neulinge in der Spielleitung kann das Sicherheit geben, für Routiniers lässt es auch genügend Freiheit.

Für den „kleinen Theaterbaukasten“, also die kleineren Projekte, gibt es eine besondere Einführung. Zusätzlich finden sich noch drei  Karten zu Theaterformen, deren Einsatz sich auch anbietet  im LuTh-Kurs. Einen Eindruck von der Arbeit kann man sich in einem youtube-Film machen unter folgendem Link: https://www.youtube

Nachdem der Theaterbaukasten im Frühjahr 2020, d. h. in Coronazeiten, erschienen ist, hat Paul Barone als zusätzliches Material auch noch Ideen zur Arbeit unter diesen besonderen Bedingungen auf der Verlags-Homepage zur Verfügung gestellt:

https://www.beltz.de

Mit 39,95 € ist der Theaterbaukasten wie vergleichbare Veröffentlichungen nicht billig, so dass vielleicht eine Anschaffung aus dem Schuletat überlegt werden könnte. Die Erfahrung zeigt aber leider, dass bei einem Zugriff durch mehrere Personen sehr bald ein Kartenschwund eintreffen wird, was dann doch für einen privaten Kauf spricht.

„Der Theaterbaukasten“ ist auf jeden Fall sein Geld wert. Paul Barone ist es gelungen, trotz der sehr klugen Systematik, bei der ein Baustein auf den anderen gesetzt wird, auch das Wesen des Holzbaukastens mit seinen bunten Farben, der zum Spielen einlädt, zu bewahren.

Klaus Wegele

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